Pera-Blätter Orient-Institut Istanbul Heft 5 1996
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Eine darüber hinausgehende unerlaubte Verwendung, Reproduktion oder Weitergabe einzelner Inhalte oder Bilder können sowohl zivil- als auch strafrechtlich verfolgt werden. /9era-Jglä«er Baschkirien und Tatarstan im Spiegel der türkischen Presse Andrea Berg Bericht des Forschungspraktikums Mai-Juli 1995 ORIENT-INSTITUT DER DEUTSCHEN MORGENLÄNDISCHEN GESELLSCHAFT Für Christian, Christoph, Sabine und meine Eltern ; TJ Selbstverlag Istanbul 1996 Für Inhalt und Form sind die Autoren verantwortlich. Orient-Institut der D M C • Abteilung Istanbul: • Susam Sokak 16-18 D. 8 • Cihangir, 80060 Istanb Telefon: (212) 2936067 und 25219 83 Fax: 249 6359 Baschkirien und Tatarstan im Spiegel der türkischen Presse von Andrea Berg, Berlin Nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates Sowjetunion war das Interesse der internationalen Presse vor allem auf die Ereignisse im Baltikum und den südwestlichen Sowjetrepubliken gerichtet. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der einzelnen Republiken und ihre Auseinandersetzungen mit Moskau waren Anlaß für zahlreiche Berichte und Artikel. Die politische Entwicklung in den Autonomen Sozialistischen Sowjet-Republiken (ASSR) hingegen blieb weitgehend unberücksichtigt.1 In der vorliegenden Arbeit wird das Augenmerk auf zwei dieser Autonomen Republiken gelenkt, die wie Inseln im heutigen Rußland liegen Baschkirien und Tatarstan. Der einführende Teil will in anschaulicher Weise einen Überblick über die Geographie, Geschichte, Bevölkerung und Religion der beiden Republiken vermitteln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem 20. Jahrhundert, speziell der aktuellen Situation. Im anschließenden Teil wird die Berichterstattung der türkischen Presse über diese Region untersucht. Dies ist deswegen interessant, da die Türkische Republik aufgrund ihrer Geschichte, Sprache und Kultur eine besondere Beziehung zu den Türkvölkern der ehemaligen UdSSR hat. Die Presse bildet eine entscheidende Grundlage für die Meinungsbildung der Bevölkerung. Deshalb sollen die Artikel türkischer Zeitungen und Zeitschriften über Baschkirien und Tatarstan in den letzten fünf Jahren analysiert werden. Es ist natürlich schwierig, dieses Thema vollständig zu bearbeiten. Das Direktorium für Dokumentation (Dokümantasyon Daire Ba$kanhgi) gibt zwar jährlich eine Bibliographie heraus, in der die Artikel verschiedener türkischer Tageszeitungen über Türkvölker nach Regionen geordnet sind. Diese Bibliographie umfaßt allerdings nur ausgewählte Zeitungen. Monatszeitschriften werden erst ab 1992 berücksichtigt. Als zweite wichtige Quelle stand mir die private Pressemappe des gebürtigen Tataren Prof. Dr. Nadir Devlet. von der Istanbuler Marmara-Universität zur Verfügung. Auf Grundlage dieses Materials wird untersucht werden, welche Zeitungen und Zeitschriften über die Regionen Baschkirien und Tatarstan berichten, welche Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) gliederte sich in 15 Sozialistische Sowjetrepubliken (SSR), 20 Autonome Sozialistische Sowjetrepubliken (ASSR), 8 autonome Gebiete und 10 nationale Kreise. Themen besondere Berücksichtigung finden und welche Interessen sich eventuell hinter dieser Auswahl verbergen. Ziel dieser Arbeit ist es vor allem, neben diesem Überblick über die Berichterstattung in der türkischen Presse, die neuere Entwicklung innerhalb dieser Gebiete darzustellen. Sie stehen stellvertretend für die ehemaligen sowjetischen Republiken, die sich in keiner Position staatlicher Unabhängigkeit gegenüber Rußland befinden und dadurch international kaum beachtet werden. Es würde mich freuen, wenn Deutsche Baschkirien bald nicht mehr irgendwo in Sibirien vermuten oder Türken Ba§kurtistan mit Kurdistan in Verbindung brächten. Geographie und Bevölkerung Die Republiken Baschkirien und Tatarstan liegen im östlichen Teil der russischen Tiefebene und werden im Westen von der Wolga und im Osten von den Ausläufern des südlichen Ural-Gebirges begrenzt. Es herrscht Kontinentalklima, die Vegetation besteht vor allem aus Laubwäldern; es gibt aber auch steppenartige Gebiete. Im März 1992 wurde die Republik Baschkirien als Nachfolgerin der Baschkirischen ASSR deklariert. Ihr Territorium umfaßt eine Fläche von 143.600 qkm. Die Hauptstadt Ufa (baschk.: Öß) hat 1.094.000 Einwohner (1990), die gesamte Republik 3.964.000. 2 Die Republik Tatarstan proklamierte am 30. August 1990 ihre staatliche Unabhängigkeit und hat im Gegensatz zu Baschkirien den Mitgliedsvertrag mit der Russischen Föderation nicht unterzeichnet. Die Einwohnerzahl der Hauptstadt Kasan betrug 1979 993.000, die der gesamten Republik 3.641.000 (1989). Tatarstan nimmt eine Fläche von 67.000 qkm ein. Das entspricht in etwa der Größe Bayerns (70.554 qkm). Beide Republiken haben gemeinsam, daß die Titularnation, vor allem in den urbanen Gebieten, nicht die Mehrheit der Bevölkerung stellt. Nach der Bevölkerungszählung von 1989 waren 48,47 % der Einwohner der Tatarischen ASSR Tataren. In der Baschkirischen ASSR betrug der Prozentsatz sogar nur 21,9 %. Hingegen wurde die Anzahl der Russen in der Tatarischen ASSR mit 43,25 % und in der Baschkirischen ASSR mit 39,26% (1989) angegeben. Hervorzuheben ist außerdem der große Bevölkerungsanteil von Tataren in der Baschkirischen ASSR - 1989 28,42 %.3 Viele Tataren und Baschkiren leben jedoch auch außerhalb dieses Raumes. Die baschkirische Bevölkerung nahm im Zeitraum von 1979 bis 1989 um 5,7 %, die tatarische um 7,5 % zu. Insgesamt lebten 1989 auf dem Gebiet der : 3 Atlas Respubliki Baskortostan 1992: 4. Alle statistischen Angaben zur Bevölkerung von 1989 in dieser Arbeit in DEVLET 1993:225-254. 2 ehemaligen UdSSR 1.449.157 Baschkiren und 6.648.760 Tataren.4 Der Anteil der städtischen Bevölkerung Baschkiriens hat von 17 % (1939) auf 64 % (1989) zugenommen. 1970 war ein gewisses Gleichgewicht zwischen Landbevölkerung (52 %) und Stadtbevölkerung (48 %) erreicht.5 Der Anteil der Baschkiren an beiden Bevölkerungsgruppen war jedoch sehr unterschiedlich. In den Städten stellten sie lediglich 9,6 % der Bevölkerung, auf dem Land 36,2 %. In Tatarstan betrug der Anteil der Tataren an der städtischen Bevölkerung 1970 36,8 %, an der ländlichen Bevölkerung 62,1 %.6 Tab. I Anzahl der Tataren und Baschkiren auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR 7 Gesamtzahl 1926 1959 1970 1979 1989 Tataren Baschkiren 2.916.536 0.713.693 4.967.701 0.989.040 5.930.670 1.239.681 6.185.196 1.371.452 6.648.760 1.449.157 Tab. IIa Ethnische: Zusammensetzung Tatarstans Tataren Russen Tschuwaschen Andere 1926 1959 1970 1979 1989 48,7% 43,1% 4,9 % 3,2% 47,2% 43,9% 5,0 % 3,8% 49,1% 42,4% 4,9 % 3,6% 47,6% 44,0% 4,3 % 4,1% 48,47% 43,25% 3,68 % 4,6% Tab IIb Ethnische Zusammensetzung Baschkiriens Baschkiren Tataren Russen Tschuwaschen Andere 1926 1959 1970 1979 1989 23,5 % 23,5 % 39,9 % 3,2% 10,1 % 22,1 % 23,0 % 42,4 % 3,3 % 9,2 % 23,4 % 24,7 % 40,5 % 3,3 % 8,1 % 24,3 % 24,5 % 40,3 % 3,2 % 7,7 % 21,9% 28,42 % 39,26 % 3,0% 7,39 % "Bereits 1959-befanden sich 25 % der Baschkiren und 71 % der Tataren nicht mehr in ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet, sondern innerhalb russischer " MARK 1992: 5 Atlas Respubliki Baskortoslan 1992: 21. AKINER 1986:63,81. Tabelle I, IIa, IIb jeweils 1926-1979 in AKINKR 1986: 61 f., 80. h 7 184 IT. 3 Siedlungsräume mit rein russischer Bevölkerung."8 Dieser Zustand wurde vor allem durch die Entwurzelungs- und Russifizierungspolitik Stalins verursacht. Bis 1989 lebten 83,05 % der Tataren in der RSFSR und 16,95 % in den anderen Republiken der ehemaligen UdSSR. In Tatarstan selbst lebten lediglich 26,6 % der tatarischen Bevölkerung und in Baschkirien 16,9 % aller Tataren. In Baschkirien lebten bis zu diesem Zeitpunkt nur noch 59,6 % der baschkirischen Bevölkerung, 33,2 % auf dem Gebiet der übrigen RSFSR und 7,2 % in den zentralasiatischen Sowjetrepubliken. Aus diesen Zahlen wird deutlich, daß Baschkiren und Tataren in ihren Republiken Minderheiten sind. Daraus ergeben sich zwei Hauptprobleme: Erstens ist es aufgrund des hohen Prozentsatzes an Russen in der Bevölkerung besonders heute sehr schwierig, alle kulturellen und politischen Konflikte für beide Seiten befriedigend zu lösen. Zweitens ist es für die Regierungen der beiden Republiken problematisch, die Interessen ihrer Titularnationen zu vertreten, da sie, wie bereits erwähnt, nur zu einem Teil in diesem Gebiet leben. Die Besonderheiten der Bevölkerungsstruktur Baschkiriens und Tatarstans stehen deshalb in unmittelbarem Zusammenhang mit der aktuellen poltischen Entwicklung. Sprache, Schrift und Literatur Auch die Sprache, Schrift und Literatur der beiden Völker wurde durch die Russifizierungspolitik Stalins verändert. Das Baschkirische und das Tatarische gehören zur kiptschakischen Sprachgruppe der Türksprachen. Sowohl die Krim-Tataren als auch die Tataren Sibiriens stellen separate Gruppen dar. Bis Mitte der 20er Jahre dieses Jahrhunderts benutzten die Baschkiren für ihre Schriftsprache zum einen die türki tili 9 als auch das Tatarische. Erst im Juli 1921 beschloß der 2. Allbaschkirische Kongreß der Sowjets die Einführung eines baschkirischen Alphabetes. Dieses lehnte sich eng an das Alphabet der türki tili und das tatarische Alphabet, das zu dieser Zeit noch ein arabisches Alphabet war, an. Das erste baschkirische Alphabet wurde von 1923 bis 1930 zur schriftlichen Verständigung benutzt. Schon 1924 wurde jedoch mit der Ausarbeitung eines lateinischen Alphabetes begonnen, welches ab 6. Juli 1930 offiziell benutzt wurde. Dieses Alphabet bestand aus 36 Buchstaben - 10 Vokale und 26 Konsonanten. Am 3. März 1939 gab das Präsidium des Obersten Sowjets der Baschkirischen ASSR eine Broschüre mit einem nochmals modifizierten lateinischen Alphabet heraus. Ab 1940 1966:29. Als türki tili wird die Literatursprache Mittelasiens und des Wolgaraumes bezeichnet, die sich auf der Grundlage der tschaghataischen Sprache herausgebildet hat. HAYIT 4 wurde jedoch auch für die baschkirische Literatursprache ein Alphabet benutzt, welches auf dem Russischen basiert. Um den Besonderheiten des Baschkirischen gerecht zu werden, mußten jedoch zahlreiche Sonderzeichen hinzugefügt werden. Dieses aus 41 Buchstaben bestehende Alphabet wurde zuletzt 1950 um den russischen Buchstaben e ergänzt.10 Das Kasantatarische wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts verschriftet. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde die türld tili in diesem Gebiet als Schriftsprache verwendet. Großen Verdienst in diesem Zusammenhang erwarb sich der Kasaner Intellektuelle Qajjüm Näsiri (1825-1902). Er machte es sich zur Lebensaufgabe, eine moderne Schriftsprache zu schaffen, die auf dem Kasaner Dialekt beruht. Nach seiner Ansicht war die türld tili eine Kunstsprache, die weder für das Volk noch für Intellektuelle zugänglich war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verfaßte er zum einen eine Grammatik und ein Wörterbuch der tatarischen Sprache, außerdem auch eine russische Grammatik für türksprachige Muttersprachler. Qajjüm Näsiri publizierte weiter zahlreiche Artikel und Schriften in der von ihm geschaffenen tatar tili und sammelte tatarische Volksmärchen, um sie russischen Linguisten zugänglich zu machen." Auch Nikolaj Ivanovic Ilminskij (1822-1891) machte sich um die tatarische Schrift verdient. Er hingegen entwickelte ein Alphabet, das auf dem Russischen basierte, um die Christianisierung der Tataren voranzutreiben und notierte mit dessen Hilfe liturgische und erbauliche Bücher.12 Ilminskij spielte eine besondere Rolle in der Kasaner Mission (s.u.). Trotz dieser Bestrebungen benutzten die Tataren bis 1929 vorwiegend verschiedene Versionen des arabischen Alphabetes. Reformen gab es 1906 und 1921. Am 3. Juli 1927 wurde das lateinische Alphabet für die tatarische Schriftsprache eingeführt, welches im selben Jahr noch einmal modifiziert wurde. Seit dem 5. Mai 1939 wird im wesentlichen das russische Alphabet benutzt, das um einige Sonderzeichen erweitert wurde. :: ' Die Einführung des kyrillischen Alphabetes, die 1926 vom TurkologenKongreß in Baku beschlossen wurde, trug wesentlich dazu bei, daß die Verständigung zwischen den verschiedenen Türkvölkern der Sowjetunion erschwert wurde. Die Türkvölker wurden dadurch nicht nur von den literarischen Quellen ihrer Kultur abgeschnitten, sondern auch untereinander separiert, da sie verschieden modifizierte Alphabete erhielten. Seit 1938 gab es in der UdSSR ein Gesetz, das vorschrieb, die russische Sprache zu erlernen, und seit 1959 reichte es aus, daß Kinder nur noch auf Russisch und nicht mehr in ihrer Muttersprache unterrichtet wurden. Dadurch wurden z. B. ; BlISClII-v 1972: 49-5K. BATTAL-TAYMAS 1965: 764 IT |: SARKISYANZ 1961: I? KURBATOV 1972: 126-139. 293. 5 60 % der baschkirischen Schulkinder auf Russisch unterrichtet.14 1989 bezeichneten 72,3 % der Baschkiren Baschkirisch als ihre Muttersprache (Russisch: 11,2 %), bei den Tataren gaben 83,2 % Tatarisch als Muttersprache an (Russisch: 16,1 %). 1 5 Tab. lila Als Muttersprache geben Tataren an: Tatarisch Russisch 1926 1959 1970 1979 1989 98,9 % 0,7 % 92,1 % 7,0 % 89,2 % 10,2% 85,9 % 13,2% 83,2 % 16,1 % Tab. IIIb Als Muttersprache gc:bcn Baschkiren an: Baschkirisch Russisch Tatarisch 1926 1959 1970 1979 1989 53,8 % 0,1% 52,4 % 61,9% 2,7 % 66.2 % 4,5 % 29.3 % 67,0 % 7,1% 25,9 % 72,3 % 11,2% Die geringe Anzahl von baschkirischen Muttersprachlern in den 20er Jahren erklärt sich aus der Tatsache, daß die baschkirische Sprache und Schrift bis Anfang diese Jahrhunderts weitgehend auf dem Tatarischen basierte (s.o.). Die Diskussion um die Vereinheitlichung der Schrift der Türkvölker hat besonders seit dem Zerfall der UdSSR wieder stark zugenommen. In den letzten Jahren haben einige Symposien und Kongresse stattgefunden, die sich mit diesem Thema beschäftigten. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang der krimtatarische Volksschullehrer und Bürgermeister von Bahcesaray Ismail Gaspvraly (russ.: Gasphnskij) erwähnt. Er lebte von 1851-1914 und gründete 1883 die Zeitung Tergümän. Diese Zeitung war bis 1905 die einzige islamische Zeitung Rußlands. Gaspyraly trat für eine Gemeinschaft der Türkvölker ein, die in Sprache, Gedanken und Handeln eine Einheit sein sollte: "Dilde, Jikirde, isie birlik". Allerdings plädierte er nicht für eine Loslösung vom zaristischen Rußland. Nach 1905 führten die politischen und sozialen Veränderungen im zaristischen Rußland dazu, daß weit radikalere.Forderungen erhoben wurden. Bedeutung erlangte Gaspvraly vor allem durch die Idee eines kulturellen Panturkismus und durch die von ihm geschaffene, für alle Türkvölker gedachte Literatursprache. Diese blieb jedoch weithin unverständlich.' 7 Inwieweit die Frage eines einheitlichen 14 U A Y I T 1960: 15. 15 MARK 1992: 184 l'W |A Tab. lila, Illb jeweils 1926-1979 in AKINKR 1986: 65, 83. i7 SARKISYANZ 1 9 6 1 : 2 5 0 ff. 6 Alphabetes und einer einheitlichen Literatursprache der Türkvölker auch für die Türkei von Interesse ist, wird weiter unten anhand des Pressematerials untersucht. Im Zusammenhang mit diesem Thema ist ein weiterer wichtiger Aspekt die Bedeutung Tatarstans als Literatur- und Druckereizentrum. 1800 wurde die "Asiatische Druckerei" nach Kasan verlegt, die vor allem religiöse Schriften mit arabischen Lettern druckte.18 In den Jahren 1905-1917 erschienen 36 Zeitungen und 31 Zeitschriften auf Tatarisch, 13 auf Russisch und Arabisch. Von 1920 bis 1991 war Sovetski Tatarstan die auflagenstärkste Zeitung. In den letzten Jahren erschienen Jugendzeitungen wie Vatanem Tatarstan, Tatarstan Yäsläre, Yäs Leninci und Sähr-i Kazan. Außerdem gibt es zahlreiche politische Zeitungen wie Tatarstan Chäbärläre, Jana Avaz, Mägriföt, Mi Hat, Döna, Berdämlek, Suverenitet, Tatar Ile und Nur. Dazu kommen Zeitschriften wie Kazan Utlary, Idel, Söembikä, Cajan, Jalkyn, Tatarstan, Mägarif, Miras und Argamak.I9 Insgesamt gab es jedoch vom Beginn dieses Jahrhunderts bis zum Zerfall der UdSSR eine quantitative Abnahme an tatarischen Publikationen. 1917 nahmen sie innerhalb der türksprachigen Publikationen der UdSSR noch den zweiten Platz hinter aserbaidschanischen Publikationen ein, lagen jedoch 1979 nur noch an siebter Stelle. 1980 wurden 126 Bücher auf Tatarisch gedruckt, von denen 12 technischen oder wissenschaftlichen Inhaltes waren.20 Die baschkirische Presse entwickelte sich erst nach 1917. Momentan gibt es 3 wichtige Zeitschriften: Agidel, Henek und Baskortostan Ukutysyhy. Insgesamt erscheinen 68 russische, 21 baschkirische und 5 tatarische Tageszeitungen.21 1980 erschienen 89 Bücher auf Baschkirisch, von denen 2 wissenschaftliche Publikationen waren.2- In beiden Republiken gibt die türkische Zeitung Zaman Ableger heraus, deren Artikel teils auf Türkisch, teils in der Landessprache verfaßt sind. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die über Jahrhunderte andauernde Russifizierungspolitik dazu geführt hat, daß ein Teil der Baschkiren und Talaren ihre Muttersprache nicht mehr oder nur in Grundzügen beherrschen. Schon einmal hatte die Einführung der russischen Alphabete einen Bruch in die Schrift- und Literalurtradition der beiden Völker gerissen. Wenn nun heute über eine Vereinheitlichung der Alphabete der Türkvölker diskutiert wird, ist es wichtig, die Folgen zu bedenken, die diese erneute Veränderung iür die baschkirische und tatarische Schrift und Literatur haben .kann. lx ebd.: 294. '" DEVLET 1993: 241 f. 2,1 AKINER 1986:66 1". 21 DEVLET 1993: 253. 22 AKINER 1986: 84. 7 Religion Die meisten Tataren und Baschkiren sind sunnitische Muslime der hanefitischen Rechtsschule. Es gibt aber auch Anhänger der schaficitischen Rechtsschule. Die Islamisierung der Tataren begann in den Zeiten der Goldenen Horde während der Regierungzeit des Chans Berke (1257-1266). Dieser trat zum Islam über, und sowohl er als auch seine Nachfolger Uzbek (1313-1341) und Gani Beg (1340-1357) beriefen muslimische Theologen. Besonders gefördert wurde die Islamisierung der Goldenen Horde durch ein Bündnis mit den Mamluken Ägyptens, welches 1261 geschlossen wurde.23 Es wird angenommen, daß die Baschkiren ihren Islam etwa im zehnten Jahrhundert aus dem Bolgaren-Reich übernahmen, das zwischen den Flüssen Wolga, Kama und Scheschma lag und sich so ausbreitete, das es im elften und zwölften Jahrhundert Mari-, Udmurten- und Baschkirenstämme beherrschte. Bis zum zwanzigsten Jahrhundert behielten die Baschkiren jedoch auch ihre volkstümliche animistisch-schamanistische Weltanschauung bei.24 Seit die Russen 1552 in das Kasaner Chanat eingefallen waren, wurde mit verschiedenen Mitteln versucht, die Tataren zu christianisieren. Unter Zar Ivan dem Schrecklichen entstand 1555 das russisch-orthodoxe Erzbistum Kasan. Bis 1773 gab es Zwangsbekehrungen von Tataren und zahlreiche Gesetze und Erlasse, die den Übertritt zum Christentum erleichtern oder erzwingen sollten. Diese Politik änderte sich erst unter Katharina II. Sie richtete 1788 die erste religiöse Verwaltung für Tataren und Baschkiren unter russischer Herrschaft "Islamische Geistliche Behörde" in Ufa ein. Versuche der Christianisierung wurden trotzdem weiter fortgesetzt. Ilminskij gründete zu diesem Zweck 1863 eine Schule für christlich-tatarische Lehrer und Priester, die den Nachwuchs für die Russifizierungspolitik ausbilden sollte. Dies führte jedoch auch zur Gründung tatarischer Schulen, aus denen Intellektuelle mit nationalistischem und sozialistischem Bewußtsein hervorgingen, die dazu beitrugen, daß die Tataren eines der modernsten islamischen Völker Rußlands wurden.25 Vor allem im neunzehnten Jahrhundert gab es eine ausgeprägte SufiBewegung im Wolga-Ural-Gebiet, deren wichtigste Schule der Naqsbandijja-Ordcn war. Mitglieder dieser Schulen kämpften 1917-18 Seite an Seite mit den Bolschewiken, um einen sozialistischen islamischen Staat zu schaffen.26 Um die Jahrhundertwende spielten im kulturellen und intellektuellen Leben des Wolga-Uräl-Gebietes sowohl die Führer des Naqsbandijja-Ordens als auch die Cadid-Bewegung eine einflußreiche Rolle. Die (jW/J-Bewegung : ' 24 25 :fl SARKISYANZ 1961: 272 f. ebd.: 265. 305. ebd.: 292 IT. AKINER 1986: 69. 8 wurden von muslimischen Führern geleitet, die Religion und Modernisierung verbinden wollten, um dem Islam einen Platz in der modernen Welt zu sichern. Diese Formen des Islam wurden allerdings durch die stalinistischen Säuberungsaktionen bis 1930 weitgehend eliminiert.27 Um die religiösen Aktivitäten der sowjetischen Muslime besser organisieren und kontrollieren zu können, veranlaßte Stalin 1941 die Wiedereinführung einer geistlichen Verwaltung der Muslime im europäischen Rußland und Sibirien mit Sitz in Ufa. Als Oberhaupt wurde c Abd al-Rahmän Rasulev eingesetzt. Er hatte dieses Amt bis zu seinem Tod 1952 inne. Sein Nachfolger wurde Mufti Sakir Chijalettinov, der dieses Amt bis 1974 ausübte. Beide waren Schüler von Sejch Zajnullah, welcher ein Scheich des Naqsbandijja-Ordens war.28 1976 wurde Mufti Abdulbari Isaev Oberhaupt der Verwaltung und seit 1980 ist Talgat Taguddin im Amt.29 Die Zahl der Moscheen in Tatarstan und Baschkirien hat seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts rapide abgenommen. 1917 existierten in Tatarstan 2.223 Moscheen, 1931 2.000 und 1941 nur noch 220. Später konnten nur noch 17 Moscheen überleben. Bis zum Zerfall der UdSSR gab es in Kasan nur noch eine Moschee, desgleichen in Ufa. Lediglich auf den Dörfern waren noch viele kleine Moscheen zu finden. Nach 1990 wurden in Kasan 7 neue Moscheen eröffnet und in Ufa eine religiöse Schule (Medrese) eingerichtet. Insgesamt wurden 9 Medresen (4 in Tatarstan, 4 in Baschkirien, 1 in Moskau) eingerichtet.30 In den letzten Jahren gab es viele Bemühungen, den Islam offiziell wieder besser zu verankern: mit Publikationen des Koran und anderer islamischer Bücher, Eröffnung von Moscheen, Wiederbelebung islamischer Feiertage, Einrichtung von Medresen u.a. Aufgrund von Beobachtungen während einer Studienreise im September 1994 nach Baschkirien, kommt die Verfasserin allerdings zu der Feststellung, daß der orthodoxe Islam im Alltag keine Umsetzung findet bzw. nur wenig befolgt wird. Der Verzehr von Schweinefleisch ist z. B. durchaus üblich, und auch die täglichen Gebete werden nicht eingehalten. Heute leben nur ca. 40-50 % der Tataren nach den religiösen Vorschriften des Islam.-11 Tataren und Baschkiren sind Muslime. Das zaristische Rußland konnte trotz enormer Anstrengungen keine größeren Erfolge bei der Christianisierung der beiden Völker erreichen. Der Sowjetregierung ist es jedoch in den 70 Jahren ihrer Herrschaft gelungen, wichtige islamische Einrichtungen zu zerstören oder zu schließen. Deshalb spielt die Religion im Alltag vieler Baschkiren und Tataren nicht mehr eine so entscheidende Rolle : " : * ALGAR 1992: 128 1'. 29 ] " 31 BENNIGSEN/WIMBUSH 1985: 21, AKINER 1986: 238. 69. DEVLET 1993: 243 IT. ebd.: 244. 9 wie z.B. in der Türkei. In den letzten Jahren wird versucht, durch eine Wiederbelebung islamischer Einrichtungen den Glauben zurück ins Volk zu tragen. Inwieweit diese Bestrebungen Interesse oder Unterstützung in türkischen Zeitungen finden, soll ebenfalls anhand des Pressematerials ausgewertet werden. Geschichte Es würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, die Geschichte der Tataren und Baschkiren vollständig in ihrer Komplexität darzustellen. Deshalb soll die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte nur zusammengefaßt werden. Für ausführliche Informationen finden sich Hinweise in den Fußnoten bzw. dem Literaturverzeichnis. Dieser Abschnitt will vor allem die Ereignisse im 20. Jahrhundert, speziell der letzten Jahre herausarbeiten. Die Geschichte der Tataren ist eng verknüpft mit der Geschichte der Goldenen Horde, die sich im 13. Jahrhundert unter Batu (1227-1255) an der Wolga festsetzte. Dort befand sich zu dieser Zeit das Reich der Bolgaren, das 1236-1240 von den Mongolen der Goldenen Horde erobert wurde.32 Im 15. Jahrhundert zerfiel das Reich der Goldenen Horde in die Chanate von Kasimov, Kasan, Astrachan, Sibir und der Krim. Das Chanat von Kasan existierte von 1437-1552 und fiel dann an die Russen." In dieser Zeit begann der Widerstand der Tataren gegen die russische Herrschaft. So gab es z.B. 1552, 1554 und 1556 Aufstände der Tataren, die aber mißlangen. Die Mehrzahl der Tataren wurde durch die Eroberer aus den Städten getrieben - zum einem, weil sie sich Moskau widersetzten, zum anderen, weil die Russen Platz für ihre Siedlungen brauchten. Als Resultat der Übergriffe von Grundbesitzern auf tatarisches Weideland beteiligten sich Tataren und Tschuwaschen 1670 am Bauernkrieg von Stenka Rasin, in dessen Folge ihnen das Land zurückerstattet wurde. Der letzte größere Widerstand der Tataren gegen die Fremdherrschaft wurde 1773-75 im Piigatsov-Aufcland geleistet. Aufgrund der hohen Steuern, die seit 1724 erhoben wurden und vor allem Nachteile für Muslime mit sich brachten, konnte der tatarische Feldherr Kankaev unter Pugatsov viele Anhänger gewinnen. Dieser Aulstand ist bis heule in den Volksliedern der Tataren lebendig geblieben.34 Die Geschichte der Baschkiren geht ebenfalls auf das Bolgaren-Reich zurück. Dieses unterwarf West-Baschkirien ca. im 10. Jahrhundert. Im 13. ~: SARKISYANZ 1961: 267. Ausführliche Darstellungen der Geschichte der Tataren finden sich in SPULER 1943 und in SARKISYANZ 1961: 271-302. 33 DEVLET 1993: 227 f. 34 SARKISYANZ 1961: 284-291. 10 Jahrhundert eroberten die Mongolen das Bolgaren-Reich und Teile Baschkiriens, welche bis 1236 vollständig zur Goldenen Horde kamen. Seit dem 14. Jahrhundert fiel ein Teil Baschkiriens unter die Nogai-Horde, die sich von der Goldenen Horde getrennt hatte. Die östlichen Teile Baschkiriens fielen an das Chanat von Sibir und der Westen gehörte zum Reich Kasan.35 Im Jahre 1598, als die Russen das Chanat von Sibir eroberten, fielen die letzten baschkirischen Gebiete an Moskau. Bereits 1574 wurde auf Ersuchen der Baschkiren mit dem Bau der russischen Festung Ufa begonnen, die 1586 zur Stadt erklärt wurde. Durch die Verteilung angeblich unbenutzten Weidelandes an russische Siedler wurden die Baschkiren gezwungen, die Nomaden Wirtschaft aufzugeben und verarmten zusehends. Konflikte wegen des Weidelandes führten 1662-64, 1681-83 und 1704-11 zu baschkirischen Unabhängigkeitskriegen. Durch den russischen Bergbau verloren die Baschkiren nach 1720 den freien Zugang zum Waldholz, was zu einem erneutem Aufstand 1732-42 führte. Dieser richtete sich mit Klosterverbrennungen gleichzeitig gegen die Christianisierungsversuche durch die Russen. In ihrem letzten Unabhängigkeitskrieg 1773-74 verbündeten sich die Baschkiren unter Salavat Julaev mit den russischen Bauern Pugatsovs.36 Salavat Julaev ist einer der größten Volkshelden Baschkiriens und sein überdimensionales Denkmal ist das Wahrzeichen der Stadt Ufa. An der Revolutionsbewegung von 1905-17 beteiligten sich die Tataren im Vergleich zu anderen Türkvölkern aktiv. Eine Vorreiterrolle nahmen dabei die Mitglieder der Gadid-Bcwegung ein, die versuchten, das Volk in die politische Auseinandersetzung einzubeziehen, indem sie das WolgaTatarische zur Schriftsprache erhoben. Die tatarische Sozialrevolutionäre Gruppe um Gajaz Ischakov gab die erste Zeitung im gesprochenen KasanTatarisch Taraqi heraus. Mitglieder der von den nationalliberalen Gadidisten geprägten Ittifaq Muslimin stellten alle Abgeordneten der ersten und vierten Duma (1906/ 1912-16). Aufgrund ihrer gemäßigten Ansichten lagen sie in Streit mit den Mitgliedern der Sozialrevolutionären Hesmat-Taifasy-Fraklion, die in der zweiten Duma (1907) sechs Sitze hatte. Nach der Niederlage der Türkei im Balkan-Krieg 1912 und der Märzrevolution 1917 näherte sich die Duma-Fraktion der Tataren den Sozialrevolutionären an und vertrat eine Synthese von Islam und Bolschewismus.37 In Baschkirien entstand in der Revolutionsbewegung um 1917 eine eigene Erneuerungsbewegung unter Zeki Velidi Togan. Sie verbündete sich mit den Alas-Orda der Kasachen, die gleich den Baschkiren Halbnomaden r,s ebd.: 305 IT. Ausführliche Darstellungen der Geschichte Baschkiriens finden sich in SARKISYANZ 1961: 303-309. '" ebd.: 307 f. 3 - ebd.: 296 IT. 11 waren. Mit den Tataren war es augrund der angestrebten politischen Eigenständigkeit zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen.38 Auf dem muslimischen Kongreß in Moskau 1917 hatten die Baschkiren den Vorschlag Sultan Galievs abgelehnt, das Wolga-Ural-Gebiet in einem Staat zu vereinigen. Nachdem jedoch die Vertreter der anderen Völker die Gründung eines baschkirischen Staates ablehnten, verließen die Baschkiren den Kongreß. Im Dezember 1917 proklamierten Baschkiren und Kasachen ihre Autonomie auf einem Treffen in Orenburg. Dadurch entstand eine antibolschewistische Bewegung, die Baschkirien gegenüber den linken Intellektuellen Tatarstans abgrenzen und zu einer engeren Verbindung mit den Steppenvölkern Mittelasiens bringen sollte.39 Nach der Oktoberrevolution 1917 schlössen sich die tatarischen Linken den Bolschewisten an und traten 1918 zum großen Teil in die Kommunistische Partei ein. Sie engagierten sich für eine Erneuerung des Islams durch sozialistische Werte und für einen sozialistischen Staat Turan, der die Muslime des Wolga-Ural-Gebietes, Kasachstans, Kirgisiens und Turkestans vereinen sollte. Der wichtigste Führer dieser Bewegung war der Tatare Sultan Galiev, der 1917 in die Kommunistische Partei eingetreten war und seit 1918 eine leitende Position im Zentralen Muslimischen Kommissariat innehatte. Er und Serif Vachitov gründeten am 27. Mai 1920 die Tatarische Sowjetrepublik. Sultan Galiev trat für einen spezifisch muslimischen Kommunismus ein und geriet dadurch schon bald in Konflikt mit der Moskauer Parteizentrale. Der Nationalitätenkommissar Stalin ließ 1919 das Zentrale Muslimische Kommissariat auflösen und setzte an dessen Stelle ein Tatarisch-Baschkirisches-Kommissariat, welches direkt seiner Kontrolle unterstand. 1923 wurde Sultan Galiev aus der Partei ausgeschlossen und 1928 endgültig liquidiert. Seine Ideen einer "asiatischen Internationale" und eines kommunistischen-islamischen Staates unabhängig von der Sowjetregierung wurden ihm zum Verhängnis.40 Die Baschkirische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik wurde am 23. März 1919 als erste ASSR innerhalb der RSFSR gegründet, nachdem dieses Gebiet seit der Oktoberrevolution Schauplatz diverser Kämpfe gewesen war.41 Über die Zeil zwischen 1920 und 1990 ist in der Literatur kaum etwas zu erfahren. Die Angaben beschränken sich auf die Entwicklung der Bevölkerung, der Bildung und der Religion. Die Beziehung zur Regierung in Moskau lassen sich teilweise an diesen Punkten nachvollziehen. Fakt ist, daß sowohl Baschkiren als auch Tataren von der stalinistischen Verfolgung ebd.: 309. STÖLTING 1991: 157. ebd.: 150 f. Ausführliche Angaben zum Leben Sultan Galievs linden sich in MUHAMM1ZDI 1993. AKINER 1986: 79. 12 betroffen waren. Der russische Nationalismus machte die beiden Völker zu den Nachkommen ihrer Erbfeinde und versuchte, ihre Geschichte zu eliminieren bzw. umzuschreiben. In diesem Zusammenhang wurde 1944 das tatarische Epos "Idegäj" verboten. Es wurde erst 1988 in Kasan wieder publiziert.42 In dieser Zeit begann sich in Tatarstan eine Bewegung zu etablieren, die vor allem den Ausbau nationaler Rechte zum Ziel hatte. Aufgrund der weiter oben beschriebenen Bevölkerungsstruktur und der geographischen Lage sind weitergehende Forderungen politisch allerdings kaum durchsetzbar. Im Juni 1988 wurde das "Tatarische Gesellschaftliche Zentrum" gegründet, daß sich für Demokratisierung, Umweltfragen und Unabhängigkeit der Tatarischen ASSR einsetzte. Vor allem wehrten sich die Tataren gegen die zentrale Kontrolle der Industrie und der Bodenschätze. Außerdem sollte mehr Geld in die tatarische Erziehung und in tatarische Medien gesteckt werden.43 Nach Aussagen Prof. Dr. Nadir Devlets gibt es inzwischen einen Vertrag zwischen Tatarstan und der Russischen Föderation, der Tatarstan erlaubt, Beziehungen mit dem Ausland zu knüpfen. Am 30. August 1990 proklamierte Tatarstan seine Unabhängigkeit und am 12. Juni 1991 wurde der Staatspräsident Semiev mit 78 % Mehrheit in demokratischer Form gewählt. In einem Referendum, das am 21. März 1992 durchgeführt wurde, stimmten 61,5 % der Wählenden für die Unabhängigkeit Tatarstans. Aufgrund dieses Ergebnisses weigerte sich der tatarische Staatspräsident am 31. März 1992, das Abkommen mit der Russischen Föderation zu unterschreiben. Am 30. November 1992 nahm Tatarstan eine eigene Verfassung an. Als Jelzin am 25. April 1993 nochmals ein Referendum durchführen ließ, stimmten 78 % der Beteiligten gegen einen Anschluß an die Russische Förderation. Die Unabhängigkeitsbewegung der Tataren basiert grundlegend auf der Meinung, daß die Eroberung Kasans 1552 durch die Russen mit Waffengewalt geschah. Damit gibt es keine Grundlage für eine gemeinsame Förderation. Die UdSSR hat nur die imperialistische Tradition des Zarenreiches fortgesetzt.44 Die Republik Baschkirien wurde am 31. März 1992 proklamiert. Allerdings gab es hier nicht eine so starke Nationalbewegung wie in Tatarstan. Das erklärt sich schon allein aus der Tatsache, daß es bis zur Oktoberrevolution keine spezifisch baschkirische Kultur gab. Viele baschkirische Intellektuelle bezeichneten sich selbst als Tataren. Seit der Gründung der Baschkirischen ASSR unterstützten die sowjetischen Behörden allerdings die Etablierung eines baschkirischen Nationalgefühls, um die regionalen Spannungen zwischen Baschkiren und Tataren auszunutzen und 42 STÖLTING 1991: 43 ebd.: 153 ff. AK1§ 1994:41 f. 44 157, 151 f. 13 somit möglichen anti-russischen Bündnissen vorzubeugen.45 Die in Baschkirien lebenden Tataren unterstützten z.B. die Forderung einer eigenständigen Baschkirischen Sowjetrepublik. Diese sollte dann aber Baschkirisch-Tatarische SSR heißen. Wiederum übte die Baschkirische ASSR Druck auf ihre tatarischen Bewohner aus, sich zu Baschkiren zu erklären.46 Die Baschkiren haben es aufgrund der Bevölkerungsstruktur ihrer Republik noch schwerer als die Tataren, ihre Unabhängigkeit zu fordern. Von tatarischer Seite gab es in diesem Jahrhundert mehrmals die Bemühungen, einen baschkirisch-tatarischen Staat zu schaffen, was von den Baschkiren abgelehnt wird. Auch die russische Seite ist nicht an einem unabhängigen Staat Baschkirien interessiert, da dieses Gebiet vor allem aufgrund der Erdgasvorkommen und der Bodenschätze wichtig für die russische Wirtschaft ist. Als erste muslimische Völker, die unter russische Herrschaft kamen, haben die Baschkiren und die Tataren zum einen eine lange Tradition des Widerstandes gegen diese Herrschaft aufzuweisen, sind aber zum anderen auch mehr als andere Völker von der russischen Kultur beeinflußt. Die Unabhängigkeitsbestrebungen der letzten Jahre sind Versuche, die russische Bevormundung abzuschütteln. Gleichzeitig ist allerdings die Frage zu stellen, inwieweit diese Bestrebungen bei den geographischen und ökonomischen Gegebenheiten realistisch sind. Bei dem Türkei-Besuch des tatarischen Staatspräsidenten im Mai 1995 wurde immerhin ein Abkommen über kulturelle und ökonomische Beziehungen geschlossen. Und falls die Russische Föderation es zuläßt, will die Türkei in Kasan ein Konsulat eröffnen. Durch das Sonderabkommen Tatarstans mit Moskau ist es leichter, mit dieser Republik in Austausch zu treten. Über die offiziellen Beziehungen der Türkei mit Baschkirien konnte nichts in Erfahrung gebracht werden. Aber "im Ausland macht man sowieso keinen Unterschied zwischen Tataren und Baschkiren".47 45 4ft 47 BENNIGSEN/WiMBUSH 1985:248. STÖLTING 1991: 157. DEVLET: Interview am 30.5.95. 14 Presseanalyse Die Presselandschaft der Türkei ist ständig im Wandel begriffen, d.h. auf dem Markt erscheinen ständig neue Zeitungen und Zeitschriften und verschwinden dann wieder. So kann das zusammengetragene Material auf keinen Fall vollständig sein. Trotzdem ergibt sich aus den verschiedenen Artikeln und Aufsätzen ein interessantes Bild, für das Vollständigkeit nicht unbedingt entscheidend ist. Der untersuchte Zeitraum ist 1990-95. Für die Analyse wurde eine quantitative Methode benutzt, d.h. das Materialkorpus wurde auf die Häufigkeit bestimmter Themen untersucht. Andererseits spielen aber auch qualitative Aspekte, z.B. das Interview mit Prof. Dr. Nadir Devlet, eine Rolle. Zuerst soll untersucht werden, welche Zeitungen und Zeitschriften kontinuierlich über Tatarstan und Baschkirien berichten. Danach sollen die Themen der Zeitungsartikel unter folgenden Fragestellungen analysiert werden: Gibt es bestimmte Häufungen von Themen? Welche Ereignisse spielen eine besondere Rolle? Welche Rolle spielen in den Artikeln die Türkei bzw. die Beziehungen zur Türkei? Bei den Zeitschriften sollen die Aufsätze im Zusammenhang mit der inhaltlichen Festlegung der Zeitschriften betrachtet werden. Auch hier soll untersucht werden, welche Themen besondere Berücksichtigung finden und in welcher Form sie vermittelt werden. Alle Zeitungen und Zeitschriften, deren Artikel ausgewertet wurden, werden jeweils alphabetisch angegeben. Die Zahl in Klammern gibt die Anzahl der Artikel an. Bei Serien wurde jeder Artikel gezählt. Zeitungen: Cumhuriyet (19), Ekonomist (2), Günes (3), Hürriyet (1), MUH Gazete (3), Millivet (14), Ortadogu (25), Özel Dünya (1), Sabah (7), Tercüman (8), Türkiye (34), Yeni Asya (4), Yeni Düsünce (10), Yeni Günaydin (4), Zaman (57). Zeitschriften: Akkadm (1), Aktüel (1), Avrasya Dosyasi (2), Avrasya Etüdleri (1), Parlamenter Aylik Polinka Dergisi (1), MUH Kultur (1), Türk Dili (1), Türk Dünyasi Arastirmalari (6), Türk Dünyasi Tarih Dergisi (10), TürkEdebiyaty (3), TürkKültürü (2),Türk Yurdu (17), Türk Yurtlan (2), Yeni Purum (5), Yeni Hafla (2), Yesevi (5). Bei den Zeitschriften muß allerdings beachtet werden, daß nicht alle monatlich erscheinen, sondern teilweise wöchentlich, jeden zweiten Monat oder vierteljährlich. Die meisten Aufsätze finden sich in der Monatszeitschrift Türk Yurdu, gefolgt von den Monatszeitschriften Türk Dünyasi Tarih Dergisi und Türk Dünyasi Arastirmalari. Die Tageszeitungen mit der kontinuierlichsten Berichterstattung sind Zaman und Türkiye, was auch mit den Beobachtungen Prof. Dr. Nadir Devlets übereinstimmt: "Zaman berichtet sehr viel. Außerdem Türkiye Zaman würde man mehr religiös einstufen. Auch Türkiye als rechts bezeichnen. Die Zamcm-Gruppe hat eigene Schulen in 15 diesen Republiken. Deswegen sind die Nachrichten besser, und sie haben mehr Einfluß. Ihre Berichterstattung ist aktuell und man kann viel lernen."48 Zeitungen Die Zeitungen beschäftigen sich weitaus häufiger mit Tatarstan als mit Baschkirien. Von 192 gefundenen Zeitungsartikeln sind 51 innerhalb von Serien erschienen. Von den verbleibenden 141 haben gerade einmal zwölf ausschließlich Baschkirien zum Thema, drei berichten über beide Republiken und 126 sind über Tatarstan. Dieses Ergebnis resultiert möglicherweise aus der Tatsache, daß Baschkirien seine Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber der Russischen Föderation nicht in dem Maße vertritt wie Tatarstan. Durch das Sonderabkommen Tatarstans mit Moskau, welches ihm erlaubt, Beziehungen mit dem Ausland zu knüpfen, sind außerdem die türkisch-tatarischen Beziehungen intensiver als die türkisch-baschkirischen. In verschiedenen Zeitungen erschienen in den letzten Jahren Serien, die über Tatarstan und über das Wolga-Ural-Gebiet berichteten. Cumhuriyet veröffentlichte eine sechsteilige Serie mit dem Titel "Vergeßt nicht die Tataren".49 In Ortadogu erschien eine achtzehnteilige Serie mit dem Titel "Turans nördlicher Stern: Tatarstan".50 In Türkiye erschien eine fünfteilige Serie mit der Überschrift "Die Wolga fließt warm"51, eine fünfteilige Serie mit der Überschrift "In türkischen Landen"52, eine sechsteilige Serie mit der Überschrift "Unter den Türken des Nordens"53, eine zweiteilige Serie mit der Überschrift "Tatarstan auf der Schwelle zur Unabhängigkeit"54 und eine dreiteilige Serie mit der Überschrift "Unter den Finnland-Türken".55 In Zaman erschien eine sechsteilige Serie unter dem Titel "Ein Glaubenskämpfer im Wolga-Ural-Gebiet: Ali Akis".56 Alle Serien erschienen zwischen 1990 und 1993. In den letzten Jahren erschienen vor allem Nachrichten. Speziell über Baschkirien wurden in der Tagespresse keine Serien veröffentlicht. 4S 49 5(1 51 52 " 54 55 5h DEVLET: Interview am 30.5.95. PULTAR, Gönül: Tatarlan unutmayiniz. In: Cumhuriyet 14.-19.10.92. ClHAN, Erol: Turan'in kuzey yildizi. Tataristan. In: Ortadogu 12.-29. 12. 92. . KATIRÖKARA. Ayhan: Idil sicak akiyor. In: Türkiye 12.-16.12.93. ERSOY. Hürriyet: Türk illerinde. In: Türkiye 19.-23.6.93. TOSUN. Resul: Kuzey Türkien arasinda. In: Türkiye 22.-27.8.92. YUSL'F. Ferit: Bagimsizhgin esigindeki Tataristan. In: Türkiye 23.-24. 10.91. YE§'1L1, Mural: Hin Türkien arasinda. In: Türkiye 19.-21.10.90. ZEYREK, Yunus: Idil-Ural bölgesinde bir mücahid. In: Zaman 19.-24. 8.91. 16 Die wenigen Nachrichten über Baschkirien beschäftigen sich meist mit den baschkirisch-russischen Beziehungen. In Cumhuriyet erschien außerdem ein Artikel über den Auftritt eines baschkirischen Volkskunstensembles im Freilichttheater Harbiye/Istanbul" und in Zaman die Nachrichten, daß 170 neue Moscheen in Baschkirien eröffnet wurden, daß der baschkirische Minister die Zawarc-Redaktion besucht hat, daß eine türkische Delegation Baschkirien besuchte, und daß es einen Bombenanschlag auf den Vizepräsidenten des Parlamentes gab.58 Die Berichterstattung ist demnach ziemlich sporadisch, die Themen sind willkürlich gewählt und tragen nur in geringem Maße dazu bei, grundlegendes Wissen über Baschkirien zu vermitteln. Ordnet man die Themen der türkischen Zeitungsartikel über Tatarstan nach der Häufigkeit, so kommt an erster Stelle Politik (94) gefolgt von Wirtschaft (9), Bildung (8), Kultur (4), Religion (4) und anderen (7). Dabei ist jedoch zu beachten, daß eine Nachricht über die Eröffnung einer islamischen Hochschule z.B. sowohl dem Thema Bildung als auch dem Thema Religion zugeordnet werden kann. In der vorliegenden Aufteilung wurde jeder Artikel nur einem Thema zugeordnet. Die politischen Streitigkeiten zwischen Tatarstan und der Russischen Föderation nehmen den wichtigsten Stellenwert innerhalb der Artikel über Tatarstan ein. Über das Unabhängigkeitsreferendum am 21. März 1992 berichtete ein Großteil der Zeitungen. Aus diesem Anlaß erschienen vier Artikel in Cumhuriyet, einer in Hürriyet, fünf in Milliyet, einer in Özel Dünya, einer in Sabah, einer in Tercüman, fünf in Türkiye, zwei in Yeni Günäydin, fünf in Zaman. Das sind 25 der insgesamt 126 Artikel über Tatarstan, bzw. ein Viertel der Artikel politischen Inhaltes. Die Überschriften waren in etwa gleichlautend: "Die Tataren wählten die Unabhängigkeit"59, "Auch das tatarische Volk wählte die Unabhängigkeit"60, "Tatarstan auf dem Weg zur staatlichen Souveränität"61 und "Tatarstan unabhängig"62. Einige Überschriften waren aber auch schärfer formuliert: "Das Referendum in Tatarstan erschüttert Moskau"63, "Jeltsin im Gewehrlauf seiner eigenen 5 " Cumhuriyet 4.7.94: Baskirt halk danslan toplulugu Harbiye acikhava tiyatrosu'nda. 5S Zaman 28.10.94: Baskirdistan'da 170 cami ibadete acildi. I Zaman 23.6.94":'Baskirdistanh bakandan Zaman'a ziyaret. / Zaman 10.5.94: Türk heyeti Baskirdistan'i ziyeret etti. / Zaman 10.3.94: Meclis ba§kan yardimcisf na bomba. - Cumhuriyet 23.3.92: Tatarlar egemenligi secti. "" Zaman 23.3.92: Tatar halki da egemenligi secti. "•' Türkiye 22.3.92: Tatarislan bagimsizhk yolunda. " : BA§LAMI§, Cenk: Tatarislan bagimsiz. In: Milliyet 23.3.92. ^ Zaman 2.3.92: Tatarislan'da referandum Moskova'yi sarsiyor. 17 Politik"64 oder "Das Kurdistan Rußlands"65. Cumhuriyet titelte abschließend: "Die Tataren kehren auf die politische Bühne zurück".66 Das tatarische Unabhängigkeitsreferendum war das Ereignis der letzten fünf Jahre, über das am häufigsten berichtet wurde. Prof. Dr. Nadir Devlet sagte dazu: "Ja, fast alle Zeitungen haben berichtet, aber es war ein kurzer Zeitraum. Eine wichtige Rolle spielt das offizielle Fernsehen TRT 1. Wenn die offiziellen Nachrichtenagenturen berichten, übernehmen das auch die privaten."67 Über die Proklamierung der Republik Tatarstan am 30. August 1990 berichteten damals nur drei Zeitungen mit jeweils einem Artikel - MUH Gazete, Tercüman und Yeni Düfünce. Alle drei Überschriften lauteten gleich: "Die Kasan-Türken proklamierten die staatliche Souveränität".68 An diesem Vergleich wird deutlich, daß die Berichterstattung in den letzten Jahren zugenommen hat. "Die Berichterstattung ist seit 1991 besser geworden, weil viele Leute in die Türk-Republiken gegangen sind und weil unsere ökonomischen und kulturellen Beziehungen besser geworden sind."69 Im Januar 1995 erschienen in Zaman drei Artikel über die humanitäre Hilfe Baschkiriens und Tatarstans für Tschetschenien.70 In Baschkirien fand zu diesem Zeitpunkt ein Tschetschenien-Kongreß statt. Bereits im März 1992 veröffentlichte Cumhuriyet einen Artikel über die Unabhängigkeitsbestrebungen der Tataren, Baschkiren und Tschetschenen und ihre Konflikte mit Moskau. Darin wurden die besondere Bedeutung der drei Republiken hervorgehoben und bereits die Probleme kurz skizziert, die im späteren Tschetschenienkrieg vollends zum Ausbruch kommen sollten.71 Einige der Zeitungsartikel über Tatarstan sind wirtschaftlichen Inhaltes. Die Türkei hat großes Interesse an den reichen Erdölvorkommen in dieser Region. Von den neun Artikeln über Wirtschaft sind zwei über Erdöl, zwei über den Verkauf von Hubschraubern Tatarstans an die Türkei, zwei über die Probleme der wirtschaftlichen Selbstständigkeit, einer über die Gründung M ÖzelDünya 22.3.92: Yeltsin, kendi silahinin namlusunda. CANDAR, Cengiz: Rusya'nin Kürdistan'i. In: Sabah 15.3.92. M VAROL, Sabalay: Tatarlar, siyaset sahnesine geri dönüyor. In: Cumhuriyet 24.3.92. '" DEVLET: Interview am 30.5.95. M Milli Gazete 2.9.90: Kazan Türkleri egemenlik ilan etti. / Tercüman 1.9.90: Kazan Türkleri egemenlik ilan etti. / Yeni Dü$ünce 7.9.90: Kazan Türkleri häkimiyetlerini ilan etti. M DEVLET: Interview am 30.5.95. , ? '' MURAT, Muammer: Tataristan'dan Cecenistan'a insani yardim. In: Zaman 27.1.95/ Baskirdistan'dan Cecenistan'a insani yardim. In: Zaman 20.1.95/ Baskirdistan'da Cecenistan icin miting. In: Zaman 13.1.95. 71 YiLMAZ, Fatih M.: Milliyetci uyanis Yeltsin'i korkutuyor. In: Cumhuriyet 3 1.3.92. *5 18 einer Fabrik der Firma Otoyol in Tatarstan, einer über die Verringerung der Kaufkraft in Tatarstan und einer über ein amerikanisches Investitionsprogramm in Tatarstan in Höhe von 3,5 Mill. US $.72 Dieses Spektrum zeigt, daß es zwar ein wirtschaftliches Interesse der Türkei an Tatarstan gibt, aber die Wirtschaftsnachrichten nur ca. ein Zehntel der gesamten Berichterstattung über Tatarstan ausmachen. Zum Thema Bildung veröffentlichten die türkischen Zeitungen Nachrichten über die Eröffnung von Schulen. Zaman berichtete über ein türkisches Gymnasium im Ural-Gebiet und Türkiye über eine islamische Hochschule in Rußland.73 In Cumhuriyet und in Zaman erschien jeweils ein Artikel über das Projekt des tatarischen Volksschulministers Prof. Dr. Ferit Yusuf, ein türkisches Lyzeum mit 13 türkischen Lehrern einzurichten.74 In Cumhuriyet und in Yeni Günaydin erschien die Nachricht, daß "Türkisch" in Tatarstan zur Amtssprache erhoben wurde.75 Wie aus dem Kontext der Artikel hervorgeht, handelt es sich dabei jedoch um Tatarisch. Dieser Widerspruch beruht auf der Tatsache, daß in der Türkei gern andere Türksprachen als türkische Dialekte bezeichnet werden. Obwohl diese Nachrichten hier unter Bildung aufgeführt sind, haben sie natürlich auch eine politische Bedeutung. In Zaman erschien noch ein Artikel über den tatarischtürkischen Schüler- und Studentenaustausch76 und in Güne$ die Nachricht, daß Türk I? Cevreleri der Kasaner Universität 1 Mill. US $ für Anbauten zur Verfügung stellt.77 Das Thema Bildung wird damit in der türkischen Presse sehr türkeibezogen abgehandelt. Es geht nicht um einen Überblick über das Bildungsniveau und die Bildungsmöglichkeiten in Tatarstan, sondern um die : Milliyet 3.11.93: Türkiye Tataristan'dan 25 helikopter aldi. / Ortadogu 14.6.93: Tataristan'a ekonomik özgürlük müjdesi. / CAPA, Emin: Otoyol Tataristan'da fabrika kuruyor. In: Sabah 30.10.94. / Türkiye 29.4.94: Tatar Basbakandan Antalya'da petrol müjdesi. / PALABIYIK, Mustafa: Tatarlar'yn ahm gücü azahyor. In: Zaman 14.4. 95 / Zaman 6.1.95: Tataristan sanayiine 3,5 milyar $ ABD yatinmi. / Zaman 9.12.94: Tataristan'da petrol 90k, benzin yok. / PALABIYIK, Mustafa und Muammer MURAT: Tataristan ekonomosine Rus cengeli. In: Zaman 26.9.94 / Zaman 4.2.94: Tataristan'dan 19 helikopter ahnacak. Zaman-21.1.95: Urallar'da bir Türk lisesi. / Türkiye 22.9.94: Rusya'da Islam Yüksek Okulu. "" Cumhuriyet 28.9.91: Tataristan'a Istanbul Türkcesi. / ÜNAL, Süleyman: Kazan'da Türk lisesi. In: Zaman 29.9.91. Cumhuriyet 10.7.92: Tataristan'da Türkce-Rusca. / Yeni Günaydin 9.7.92: Türkce resmi dil. Zaman 18.6.94: Ögrencilerinizi ülkemizde görmek istiyoruz. Gürie§ 18.7.91: Türk is Cevrelerinin Kazan Üniversitesi'ne katkisi: Tatarlara lmil. $ yardim. 19 Beeinflussung des tatarischen Bildungssektors durch die Türkei. Bereits in der Schule und auf Bildungsreisen soll ein möglichst enges Verhältnis zur Türkei hergestellt werden. Mit vier Artikeln fällt die Berichterstattung zum Themenbereich Kultur ziemlich mager aus. Bei ihnen handelt es sich um einen Artikel über tatarische Maler, um einen Artikel über den Abschluß eines Vertrages über kulturelle Beziehungen mit Tatarstan, um einen Artikel über das Kasaner Theater und um einen Artikel über den Besuch des tatarischen Kulturministers in der Türkei.78 Die Tagespresse veröffentlicht demnach kaum Nachrichten über die Kultur und die kulturellen Einrichtungen des tatarischen Volkes. "Meistens werden die politischen und ökonomischen Themen hochgespielt. Kulturelle und andere Nachrichten gibt es weniger."79 Auch zum Thema Religion erschienen nur vier Artikel. In Yeni Dügünce erschien ein Bericht über das Oberhaupt der Geistlichen Verwaltung der Muslime im europäischen Rußland und Sibiriens T. Tacettin.80 In Zaman erschien eine Nachricht mit der Überschrift "Die Tataren treten für den Glauben ein", eine Nachricht, daß die Gotteshäuser unabhängig geworden sind, und eine Nachricht über den Besuch tatarischer Islam-Schüler in der Türkei.81 Aus dieser Aufstellung wird deutlich, daß die Religion nicht das zentrale Thema der türkisch-tatarischen Beziehungen ist. Und obwohl drei der vier Artikel über Religion in Zaman erschienen, kann auch hier nicht davon gesprochen werden, daß religiöse Themen die Berichterstattung dominieren. Prof. Dr. Nadir Devlet erklärte, daß radikal-religiöse Menschen sich nicht für die Türkvölker interessieren. Deren Interesse ist mehr auf die arabischen Länder gerichtet. Die Türkvölker sind eher aus historischen, wirtschaftlichen und vor allem nationalistischen Gründen interessant für die Türkei.82 Dieses nationalistische Interesse spiegelt sich in der Berichterstattung der türkischen Presse relativ gut wieder. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Tatarstan werden in Artikeln zu verschiedenen Themen angesprochen. "x Türkive 17.5.94: Istanbul'dan Tatar ressamlar gecti. / COKUM, Sevinc: Kazan tiyatrosu. In: Türkiye 27.6.91 / Yeni Dü$ünce 1.2.91: Tataristan ile kültürel isbirligi anlasmasi imzalandi. I Zaman 6.6.91: Tataristan Kultur Bakani Türkiye'de. 1v DEVLET: Interview am 30.5.95. v Yeni Düfünce 20.4.90: SSCB Avrupasi ve Sibirya Müslümanlan Dini idaresi Baskani Müftü T. Tacettin: "Bütün Türk boylannin gözü, özü sizde." *'• MURAT, Muammer: Tatarlar dine sahip cikiyor. In: Zaman 17.3.95 / MURAT, Muammer: Tataristan'da mabedlere özgürlük geldi. In: Zaman 15.8.93 / SlM!jEK, Güntay: Dinimizi ögrenmeye geldik. In: Zaman 20.3.91. : * DEVLET: Interview am 30.5.95. 20 Ausführlich wird vor allem über die Staatsbesuche der politischen Führung Tatarstans berichtet. Ein Bereich, der bereits genannt wurde, ist der Bildungssektor bzw. der türkisch-tatarische Schüler- und Studentenaustausch. Insgesamt geht es in den Artikeln weniger um die Vermittlung von objektiven Informationen über Tatarstan, aber auch nicht um eine religiöse Beeinflußung durch die Türkei. Das Augenmerk wird vor allem auf die politische Entwicklung in Tatarstan gerichtet, und den türkischen Leser erreichen größtenteils Informationen, die damit in Zusammenhang stehen. Weitergehendes Wissen wird nur in den Artikelserien vermittelt. Die Tataren erscheinen im Spiegel der türkischen Zeitungen als ein kleines Brudervolk, das mit vielen Schwierigkeiten zu ringen hat. Es stehen politische Entscheidungen und gegenseitige Besuche, sowohl der Staatsführung als auch der Jugend, im Vordergrund der Berichterstattung. Eine wirklich kontinuierliche Berichterstattung findet sich nur in Zaman, Türkiye und Cumhuriyet. Die anderen Zeitungen berichten nur zu bestimmten, meist politischen, Ereignissen. Viele der Zeitungen, die nur eine Handvoll Nachrichten veröffentlichen, benutzen lediglich den Service von Nachrichtenagenturen, haben aber keine eigenen Korrespondenten für das Wolga-Ural-Gebiet. Eine Berichterstattung über Baschkirien findet in den türkischen Zeitungen kaum statt. Zeitschriften Die verschiedenen Artikel in den Zeitschriften lassen sich noch schwieriger den Republiken Tatarstan und Baschkirien, bzw. bestimmten Themen, zuordnen als die Zeitungsartikel. Insgesamt wurden 58 Artikel aus 16 Zeitschriften zusammengetragen. In anderen Zeitschriften sind aber ebenfalls Artikel erschienen. Von den erstgenannten Artikeln befassen sich 26 rein mit Tatarstan und sechs rein mit Baschkirien. Die anderen Artikel beschäftigen sich zumeist mit Literatur- und Geschichtsthemen, die den einzelnen Republiken nicht genau zugeordnet werden können. In den Zeitschriften nimmt die Politik nicht einen so überproportional hohen Stellenwert ein wie in den Zeitungen. Werden die Themen der Häufigkeit nach geordnet, entsteht folgende Reihenfolge: Politik (20), Berichte (11), Literatur (9), Geschichte (9), Kultur (9), Religion (2). Da vier Artikel jeweils zweimal publiziert wurden, verringert sich die Anzahl der politischen Artikel auf 17 und der literarischen auf acht. Die politischen Artikel der Zeitschriften setzen sich nur zum Teil mit den aktuellen politischen Ereignissen auseinander. Zu dieser Art von Artikeln zählen z.B. die Berichte über die Kongresse der türkischen Weltjugend in 21 Tatarstan83, der Bericht über den Kongreß der Tataren aller Welt 199284 und der Bericht über die Unabhängigkeitsverhandlungen Tatarstans mit Rußland.85 Viele Artikel haben aber auch einen allgemeineren, teils theoretischen Anspruch. Sie beleuchten politische Entwicklungen im Rahmen des historischen Kontextes und vermitteln Grundgedanken über Unabhängigkeitsbestrebungen und andere politische Entwicklungen in den Republiken Tatarstan und Baschkirien. Dazu gehören Artikel über die russischen politischen Ideologien, über die Ost-West-Debatte in der türkischen Welt, über Turkismus und über andere grundlegende Fragestellungen der türkischen Welt.86 Die politischen Artikel der Zeitschriften beschäftigen sich kaum mit Tagespolitik und nehmen aktuelle Ereignisse meist lediglich als Aufhänger für allgemeinere Betrachtungen. In den meisten Zeitschriften gibt es eine extra Rubrik für aktuelle Nachrichten. Die übrigen Artikel haben jedoch den Charakter mehr oder weniger wissenschaftlicher Aufsätze. Artikel dieser Art vermitteln ein grundlegendes Wissen über die politische Entwicklung in Tatarstan und Baschkirien, auch wenn die Autoren teilweise subjektive Betrachtungen in ihre Darstellungen einfließen lassen. Um einen allgemeinen Überblick über die Republiken Tatarstan und Baschkirien zu geben, veröffentlichten einige Zeitschriften Artikel in der Form von Reiseberichten und Kurzvorstellungen. Fünf der Reiseberichte wurden in der Zeitschrift Yesevi veröffentlicht.87 Diese Zeitschrift erscheint erst seit Januar 1994 und stellt in jeder Ausgabe eine Türkrepublik vor. Diese 83 84 85 86 87 Avrasya Dosyasi 4" 1995: Türk dünyasi genclik liderleri konsey toplantisi. / DELIÖMEROgLU, Yakup: Bir genclik kurultayinin ardindan. Idil boyunda türk ocagi. In: Türk Yurdu 9" 1993 / Türk Yurdu 9' 1993: Türk dünyasi gencleri Kazan'da tag kurdu. DEVLET, Nadir: Bütün dünya Tatarlan kongresi (19-21 Mayis 1992). In: Türk Dünyasi Arastirmalan 8" 1992. AKl§, Ali: Idil-Ural bagimsizlik davasi. In: Türk Yurdu 9' 1994. SAGADEEV. Arthur: Rusya ve büyük güc ideolojisi. In: Avrasya Dosyasi ilkbahaf 1994 / ClQEK, Rahmi: Yusuf Akcura'ya göre Osmanh'da dogu-bati tartismasi. In: Türk Dünyasi Tarih Dergisi 1 T1993 / MUHAMMETDINOV, Rafael: Devlet ideolojisinin temelinde Tataristan valanperverligi olmahdir. In: Türk Yurdu 3' 1994 / MUHAMMETDINOV, Rafael: Bati-dogu türk dünyasi ve türkcülük. In: Türk Yurdu 12' 1993 / KAYMAK, Erol: Sultan Galiyev ve bugünkü türk dünyasi. In: Türk Yurtlan 10-12'1993. ASLIYÜCE. Erdogan: Baskurdistan 1. In: Yesevi 7' 1994 / ASL1YÜCE, Erdogan: Baskurdislan 2. In: Yesevi 8' 1994 / ASLIYÜCE, Erdogan: Tataristan 1. In: Yesevi 9' 1994 / ASLIYÜCE, Erdogan: Tataristan 2. In: Yesevi 10" 1994 / ASLIYÜCE, Erdogan: II. Kazan Seferi. In: Yesevi 1 T1994. 22 Berichte bestehen allerdings zu 50 % aus bunten Bildern und sind nicht sehr aussagekräftig. Die meisten Informationen werden durch kleine Schaukasten vermittelt, die den Reportagen beigefügt sind. Weitere Berichte gibt es in Yeni Hafta, in der die autonomen Türk-Republiken vorgestellt wurden, in Türk Yurdu, in der ein Bericht über Tatarstan veröffentlicht wurde, in Yeni Forum, in der ebenfalls ein Bericht über Tatarstan und ein Bericht über Baschkirien veröffentlicht wurde und in Türk Dünyasi Arastirmalan, in der ein Artikel mit demographischen Angaben zur Wirtschaft und Bevölkerung der türkischen Welt erschien.88 Innerhalb von Berichten oder Vorstellungsreihen werden sowohl Baschkirien als auch Tatarstan berücksichtigt. Dadurch werden über beide Republiken zunächst grundlegende Fakten vermittelt. Weitergehende Darstellungen finden sich dann allerdings meist über Tatarstan. Die literarischen Artikel haben vor allem das Buch des tatarischen Schriftstellers Renad Muhammedi über Sultan Galiev zum Thema. Dieses Buch wurde 1993 ins Türkische übersetzt und fand vor allem deshalb Beachtung in der türkischen Presse. Von den neun literarischen Artikeln beschäftigen sich vier mit diesem Buch, außerdem erschien in Türk Edebiyati ein Interview mit dem Autor.89 In dieser Zeitschrift erschien außerdem ein Interview mit dem tatarischen Schriftsteller Emirhan Yeniki und ein Interview mit tatarischen Schülern, die bei der Zeitschrift zu Gast waren.90 In Türk Dünyasi Tarih Dergisi erschien ein zweiteiliger Aufsatz über das Bild Dschingis Khans in der Literatur der Goldenen Horde.91 Literarische Aufsätze finden sich vorwiegend in den entsprechenden Fachzeitschriften der ** Yeni Hafta 20.9.-26.9. 1993, 27.9.-3.10. 1993: Muhtar Türk Cumhuriyetleri (1-2). / ORU9, Nazmi: Kazan-Tataristan gözlemlerim. In: Türk Yurdu 7.' 1993 / ALKAN, Mehmet: Tataristan. In: Yeni Forum T 1995 / Yeni Forum 1 V 1993: Baskirdistan Muhtar Cumhuriyeti. / OGAN, Sinan: Türk dünyasinin beseri ve iktisadi cografyasina genel bir baki§. In: Türk Dünyasi Arastirmalan 10*1992. s " MUHAMMEDIYEF, Renad: Sultan Galiyef, Sirat köprüsü. In: Avrasya Etüdleri Y 1994 / ENGINÜN, Inci: Sirat köprüsü Sultan Galiyev. In: Türk Dili 7* 1994 / ENGINÜN, Inci: Sirat köprüsü Sultan Galiyev. In: Türk Dünyasi Arastirmalan 4' 1994 / TÜRKMEN, Fikret: Sultan Galiyev, sirat köprüsü ve Rinat Muhammedi. In: Yeni Forum 10' 1993 ' AYBARS, Serafettin: Renad Muhammedi ile sohbet. In: Türk Edebiyati 10*1994. ' AYBARS, Serafettin: Emirhan Yeniki ile sohbet. In: Türk Edebiyati 4' 1994 / Türk Edebiyati 10* 1994: Türk Edebiyati Vakfinda düzenlenen sohbet. ' URMANCI, Fatih: Altin Ordu edebiyatinda Cengiz Han imaji I. In: Türk Dünyasi Tarih Dergisi 10" 1994 / URMANCi, Fatih: Altin Ordu edebiyatinda Cengiz Han imaji II, In: Türk Dünyasi Tarih Dergisi 1JT1-994. 23 türkischen Presse. Die anderen Zeitschriften publizierten nichts zum Thema Literatur, und es ist sicher den besonderen Umständen zu verdanken, daß zwei allgemeine Zeitschriften einen Artikel über das Buch Renad Muhammedis veröffentlichten. Über Bücher, die in den Landessprachen in Baschkirien oder Tatarstan erscheinen, sind keine Artikel zu finden, auch nicht über die Entwicklung der Literatur in den beiden Republiken. Zum Problemfeld Geschichte wurden in den Zeitschriften einige Artikel veröffentlicht, die thematisch sehr weit gestreut sind. Diese Artikel erschienen vor allem in den Zeitschriften Türk Dünyasi Arastirmalan, Türk Dünyasi Tarih Dergisi und Türk Yurdu. Die Themen stammen aus mehreren Jahrhunderten von der Goldenen Horde bis hin zu stalinistischen Säuberungsaktionen in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Es finden sich Artikel über magische Heilmethoden bei Baschkiren, über die ethnische Zusammensetzung der Baschkiren in früheren Epochen, über Ayaz Ishaki und seine Bedeutung für die Befreiungsbewegung im Wolga-Ural-Gebiet, über die Goldene Horde, über Sultan Galiev als Opfer Stalins und andere.92 Die Artikel beschäftigen sich zum großen Teil mit sehr speziellen Fragestellungen der tatarischen und baschkirischen Geschichte und vermitteln als solche kein durchgehendes Bild. Diesen Anspruch vertreten sie aber auch nicht. Auch zu kulturellen Themen sind einige Artikel in den Zeitschriften erschienen. Akkadin veröffentlichte einen bunten Bericht über die erste Ausstellung, die von tatarischen Malern in der Türkei gemacht wurde.93 Diese Zeitschrift wird von der türkischen Akbank herausgegeben und beschäftigt sich nicht mit wissenschaftlichen Fragestellungen. In Türk Dünyasi Tarih Dergisi und Türk Yurdu erschien jeweils ein Artikel über die Eröffnung eines türkischen Kulturzentrums in Kasan.94 In Türk Yurdu erschien außerdem ein Aufsatz über die tatarische Presse.95 Yeni Forum y: TORMA, Joszef: Ba§kurt türklerinin büyüyle tedavisi. In: Türk Dünyasi Arastirmalan X 1994 / MECITOV, Niyaz A.: Baskurtlar'in elnik tesekkülünün erken devirleri hakkinda. In: Türk Dünyasi Tarih Dergisi 5' 1994 / A K I § , Ali: Idil-Ural kurtulu§ harekati ve Ayaz Ishaki. In: Türk Yurdu 3' 1995 / FAHRETTIN, Ravil: Altinordu devleti ve Tatarlar. In: Türk Yurdu 12' 1993 / KURBAN, Iklil: Stalin devrinin basta gelen kurbanlan, I: Mir§eyt Sultangaliev (1892-1940). In: Türk Yurdu 3'\993. v Akkadin \IT 1992: Tatar ressamlar yurt disindaki ilk toplu sergilerini Türkiye'de acülar. v ~ YAZGAN, Turan: Kazan'da Türk dünyasi merkezi. In: Türk Dünyasi Tarih Dergisi T 1994 / Türk Yurdu 3' 1994: Kazan'da Türk küllür merkezi acildi. y5 ZARIKOV, Ildar: Tataristan matbuaü: Tataristan Cumhuriyeti'nde yayinlanan gazete ve dergiler. In: Türk Yurdu 9' 1992. 24 veröffentlichte einen Artikel über die tatarische Kultur als Teil der TürkKulturen und einen Artikel über Tataren und die tatarische Kultur.96 MUH Kultur veröffentlichte einen Artikel über die Probleme eines einheitlichen Alphabetes für alle Türkvölker. Zu diesem Thema veröffentlichte auch Türk Yurdu zwei Artikel.97 Es ist zu sehen, daß die Frage eines einheitlichen Alphabetes für die Türkvölker auch in der Türkei Beachtung findet. Über die Eröffnung eines türkischen Kulturzentrums wird natürlich in der türkischen Presse berichtet. Die anderen Artikel sind Streiflichter aus dem Themenkomplex Kultur. Immer wird jedoch versucht, einen Bezug zur Türkei oder zur türkischen Kultur herzustellen. Zum Thema Religion wurden nur zwei Artikel veröffentlicht. Der eine ist ein bunter Bericht mit Hochglanzfotos in der Illustrierten Aktüel. Er berichtet über eine Gruppe von islamischen tatarischen Jugendlichen, die in die Türkei gekommen sind, um etwas über den Islam zu lernen.98 Das andere ist ein Artikel in Türk Yurtlari über den Islam in Tataristan." Auch in den Zeitschriften wird das Thema Religion kaum behandelt und spielt auf keinen Fall eine entscheidende Rolle in der Berichterstattung. Insgesamt gesehen vermitteln die Zeitschriftenartikel mehr grundlegende Informationen über das Wolga-Ural-Gebiet als die Artikel in der Tagespresse. Diese können jedoch schon aus Platzgründen und aus tagespolitischen Notwendigkeiten diese Aufgabe nicht übernehmen. Die Verfasser der Zeitschriftenartikel kommen aus verschiedenen Nationen und bringen dadurch unterschiedliche Ansätze und Betrachtungsweisen in ihre Artikel ein. Die Leser müssen je nach Interesse zwischen Hochglanzbericht und spezifischen wissenschaftlichen Abhandlungen wählen. Vor allem in den Fachzeitschriften handelt es sich oft um spezielle Aspekte z.B. eines historischen Themas. Die größte Spannbreite an Artikeln bietet die Zeitschrift Türk Yurdu. In den Zeitschriftenartikeln werden die Tataren weniger als kleines Brudervolk, denn als interessantes Volk in den Ursprüngen und der "'' Irtan Ünver: Tatar kültürünün Türk kültürü icerisindeki yeri. In: Yeni Forum 2 : 1995 / ERLANGER, Steven: Altinordu'nun mirascilan Tatar kültürünü geri istiyorlar. In: Yeni Forum IT 1993. v " TEMIR, Ahmet: Tatarca ve diger Türk yazi dillerinde alfabe meselesi: Arap, Latin. Kiril yazilan ve Latinceye dönü§. In: MUH Kultur 6' 1992 GöKDAG. Bilgehan Atsiz: Türklerde alfabe ve bugünkü geli§meler. In: Türk Yurdu 2' 1991 /NURMAHAMMEDOV, Aman und Mural PEKCIYEV: Yeni Türklerin aliabesivle ilgili görüsjer. In: Türk Yurdu 9' 1992. v< AYDiN, Gülden: Islam devsirme ocagi. In: Aktüel 27.8.-2.9.1992. 99 KAYILI, ilhan: Tataristan'daki islami geli$meler: Idil-Ural yöresinde islam yenidcn gündemde. In: Türk Yurtlari 1/2/3M993. NASRATTINOGLU 25 Entwicklung der türkischen Kultur, Geschichte und Politik dargestellt. Den Baschkiren kommt auch in den Zeitschriftenartikeln eine untergeordnete Rolle zu. Wie im ersten Teil der Arbeit bereits beschrieben, war ihr Anteil z.B. an der Entwicklung spezifisch islamischer Politiktheorien sehr gering. Damit sinkt das Interesse der Fachwelt an diesem Volk, und die Republik wird lediglich in den üblichen Vorstellungsserien abgehandelt. Auch in den Zeitschriftenartikeln kommt zum Ausdruck, daß es für die türkische Presse wichtig ist, das Engagement der Türkei in Tatarstan und Baschkirien zu dokumentieren. Die Auswahl der Themen läßt den Schluß zu, daß die Berichterstattung eher einer nationalistischen als einer religiösen Tendenz unterliegt. Um diese Schlußfolgerung zu untermauern, müßten jedoch ähnliche Untersuchungen auch zur Berichterstattung der türkischen Presse über andere Türkrepubliken vorgenommen werden. Erst dann ließen sich eventuelle panturkistische Vorstellungen besser ausmachen. Diese Funktion kann die vorliegende Arbeit jedoch nicht erfüllen. Ein weiteres Problem, welches nicht untersucht wurde, ist das Selbstverständnis der (türkischen) Presse ihre Aufgaben und Ansprüche. Der Zerfall des Vielvölkerstaates Sowjetunion gab und gibt Material für unzählige, unterschiedlich komplexe Fragestellungen. Die vorliegende Arbeit kann nur ein kleiner Stein im Mosaik sein. Tatarische Zeitungen in der Türkei Nachdem die Darstellungen Baschkiriens und Tatarstans in der türkischen Presse untersucht wurde, abschließend ein kleiner Exkurs zur tatarischen und baschkirischen Presse in der Türkei. Im Mai 1994 erschien die erste Ausgabe der tatarisch-baschkirischen Publikation Selam. Zwischen 1982 und 1994 gab es keine Publikationen. Von 1972 bis 1982 erschien die Zeitschrift Kazan. Weitere tatarische oder baschkirische Publikationen in der Türkei gibt es nicht. Selam wird von einer Organisation namens Idel-Ural herausgegeben und richtet sich vor allem an Tataren und Baschkiren, die in der Türkei leben. Aufgrund der geringen Auflage hat sie jedoch keinen großen Leserkreis. Zur Aufklärung über die beiden Völker trägt Selam aus diesem Grund ebenfalls nicht bei. Von dieser Publikation erschienen bis jetzt zwei Ausgaben, die dritte ist in Arbeit. Die Tatsache, daß es nur eine tatarisch-baschkirische Publikation in der Türkei gibt, die zudem in großen Abständen erscheint, zeigt, daß auch über diese Medien kein Wissen über Tatarstan und Baschkirien in die Türkei gelangt. 26 Literaturverzeichnis Ali 1994: tdil-Ural bagimsizlik davasi. In: Türk Yurdu. 9U994. S. 4143. 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S. 222-223. 32 £ £ Karte III AÖJe/lHflOBCKH* c AcKapoBO A/lblÜCCBCKMK nrr PaeacKH* ApxaHrenbCKHM c ApxaHrerbCKoe ACKHKCKHH c Aypra3HHCKMH c Tonöa3bi ACKHHO BaHHdKCKHM r BaHMaK BaKanMHCKHtt c Baxartbt Ba/iTaneBCuMH c Ctapo6a/iTaseBO Be/ieöececKM« r BentÖew BertOKaiaHCKHvi c HoBo6enOKaiaH Be/iopeuKMH r 6enopeuK EM*6Y/IJUCXHH c 6ti*6ynflK. BHpCKHH r BHPCK BnaroeapcxHM c H:IWKO60 Bnaro»eiueMC.KHÄ r BnaroaemeHCx 6yiAfikCKHH n By3fljiK &V0ae6CxHii c Bypaeeo KyiüHapeHXOBCKMM BypaflMckMH c CTapocyöxaHryioso MeneyaoBcxHH ra<fYPMHCKMl4 n n KpacMOYCOObCK' MeweTnwHCKMM c Kyu]HapeHKOBO r Meneyi c Bo^biueycibMKHMCKoe flaB/ieK3H08CKHM r MHUJKHHCKHH C MrfLJKHMO AyBancKHH c MecdryroBo MMAKUHOHM C Kwpruj-MMflKw ÄtOpTtO/lMMCKMM r fltOpTIO/lH HypuMaMoecKMH c KpacHan r o p u a EpMexeeBCKMH c EpMeneeao CaiasarcKMii c Manom 3HaH4ypMMCKMK c HcflHrynoöO CTep/irtöaujeBCKM«| c CTep/iMöauieBO 3HnaHpcKHA c 3H/ianp MrriHHCKKM nrr CTep/!MTaM3KCKKM TaTWUJnMHCKMH c BepuHne TaTwuinw UnnujeecKMw c BepxHedpKeeBo TyKMaiMhCKMiii r TyHMaabi MuJMMÖäMCKHM r MuiHM6aH Y<t>MMCKHk r Y$a flaa/tenaHOBo MT/IMHO KanracHMCHHH c Kanracw YHa.nMHCKMH r Yva/iw KapaHAe/ibCKHH c KapaHAeib OeflOpOBCKHM c OeaopOBKa KapMacKanMHCKMM c KapMacKanw XaMÖy/i/iHMCttHM C ARbdp KHTMUCKHM c Bepxtine KpaCHOKaMCKMH KyrapMMMCKMM KyMepTayctcMM Kur* HeKMarymeBCKMM nrTHHKono-BepejOB c MeRMarym nrt HMIUHU c Mpattoeo UlapaHCKHH c LLlapaN nn ftHaynbCKMM r HMav« EpMu/iaeao Cro/iMua - r Y<pa ( 1 0 9 4 T W C . HCA.J r Ciep/imaMan flara 06pa30BaMMB pecnyöriHHH23 Mapta 1919 r o a a TeppHTOpHB - 1 4 3 . 6 K M 2 H a c t n e H M e - 3 9 6 4 TWC TeppMTopH«, noflSMHeHHaa ropoacKOHy CoseTy t( wenoaeK Y$HMCKOMY TeppMTopH«, noflHMMeHMan H e ^ T e n a n CKOMy ropoACKOwy C o a e i y AaMKHHCTpaTMiHO-teppMTOpHa.ibHoe aeneHne AdHO Ha üeKaöpw 1991 r.